Vielen Dank an die CSD Orga, dass wir hier heute sprechen können
Wir drei arbeiten bei adis e.V. – adis ist ein Antidiskriminierungsverein für Tübingen, Reutlingen und die Region. Wir machen Antidiskriminierungsberatung, TransBeratung, Empowermentangebote und Workshops zum Thema Antidiskriminierung.
Kürzungen Stadt
Wir wurden angefragt etwas zu den Kürzungen der Stadt Tübingen bei Queeren Projekten zu sagen.
Die Stadt Tübingen ist pleite. Erst wurde seit Herbst 2024 ein großer Sparvorschlag verhandelt, jetzt haben wir eine Haushaltssperre. Das bedeutet viel Unsicherheit für soziale Vereine.
Es war jetzt eh nicht so, dass die Stadt viel Geld gegeben hat um die vielen ehrenamtlich und selbstorganisierten queeren Angebote in Tübingen zu unterstützen.
Gerade deshalb ist es unverhältnismäßig, dass die Stadt Tübingen die wenigen Queeren Angebote, die sie vor gerade mal zwei Jahren begonnen hat zu fördern, auf die Sparliste setzt. Dazu gehört die TransBeratung bei adis, die Stelle für Queere Chancengleichheit bei der Stadt, die Finanzierung der Raummiete fürs Queere Zentrum, u.a.
In Tübingen passiert, was wir auch bundesweit beobachten: Gespart wird als erstes im Queeren Bereich, bei marginalisierten Gruppen und Antidiskriminierungsprojekten.
In Tübingen sind neben uns viele andere Vereine betroffen, zum Beispiel
AGIT – die Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt, Plan B – Beratung für Geflüchtete Menschen, Kit Jugendhilfe mit Projekten für marginalisierten Jugendlichen, u.a.
Liebe Stadt Tübingen, diese Angebote sind kein Luxus, den ihr euch nur leistet, wenn die Kassen voll sind. Angebote für Queere Menschen, für Geflüchtete, zu sexualisierte Gewalt müssen auch zu den Kernaufgaben einer Stadt gehören. Gerade wenn es eine Stadt wie Tübingen ist, die sich gern mit Diversität und Vielfalt schmückt.
Uns als adis ist es wichtig, dass wir uns bei mangelnden Ressourcen nicht zwischen den verschiedenen Gruppen ausspielen lassen. Deswegen war es für uns eine gute Erfahrung während den Haushaltsverhandlungen mit vielen betroffenen Gruppen und Vereinen gemeinsam zu protestieren. Wir lassen uns nicht spalten!
Rechtsruck
Diese Kürzungen fallen in Zeiten, in denen im Bundestag die AFD zweitstärkste Kraft ist und wir schon in einem massiven Rechtsruck leben.
Trans Personen und queere Personen gehören zu den Gruppen, die eh schon mit gesellschaftlicher Ausgrenzung zu leben hatten
und die nun konfrontiert sind mit der steigenden Bedrohung von Rechts und mit einer gesellschaftlichen Mitte, die sich den rechten Narrativen anschließt oder sich nicht dagegen zu wehren weiß. Das sind unsichere Aussichten für unsere Zukunft.
Die Erfahrung von Diskriminierung und Gewalt ist für queere Menschen eine alltägliche Realität. Und die Bedrohungslage hat in den letzten Monaten massiv zugenommen. Aktuell werden die CSDs in vielen Städten von Rechten zur Mobilisierung und zu Gegendemos genutzt. Zum Beispiel auch nächste Woche in Pforzheim (am Samstag 14. Juni). Der CSD Pforzheim ruft zur Unterstützung auf. Lasst uns dem Aufruf folgen und unterstützen, wie wir es können.
Statt städtischen Kürzungen brauchen wir in diesen Zeiten Räume und Support für Queere Menschen: Räume zur Stärkung, Beratungs- und Anlaufstellen
Und wir brauchen Schutz und Schutzräume. Die Transaktivistin Nora Eckert hat bei der Eröffnung des Pride Month in Tübingen gesagt: Trans kann man nicht unsichtbar leben. Trans leben heißt sichtbar sein.
Wenn wir um Rechte und Räume für Queere und trans Menschen kämpfen, wird die Sichtbarkeit größer. Diese Sichtbarkeit bedeutet gleichzeitig Verletzlichkeit und benötigt Schutz.
Wir brauchen also mehr Angebote und dass deren Bestehen abgesichert wird!
Im Kampf gegen Diskriminierung und den Rechtsruck finden wir es wichtig, uns nicht nur an Rechten Positionen abzuarbeiten, sondern gesellschaftlich unsichtbar gemachte Stimmen, Erzählungen und Geschichten zu verstärken. Und damit den Raum zu besetzen, unsere Power spürbar werden zu lassen und die Narrative zu verändern. Deswegen möchten wir mit ein paar Worten zu intersektionaler Solidarität enden.
Intersektionale Solidarität
Wir sind hier auch zu dritt, weil wir heute mich euch Intersektionalität feiern wollen.
Denn Menschen sind immer mehr als eine Identitätskategorie. Mehr als Queer oder mehr als behindert. Queer und behindert. Neurodivers und Queer. CripQueer. Queere BiPoCs.
Lasst uns die Kämpfe um Rechte und Befreiung verbinden… für die Verbindung des Kampfes um geschlechtliche Selbstbestimmung mit der Behindertenrechtsbewegung mit dem Kampf gegen Rassismus und anderen.
Lasst uns für eine Gesellschaft einstehen, in der jede Person alle Facetten ihrer Identität in Würde und gleichen Rechten leben kann. Denn wir sind viele – jeder einzelne von uns!
In diesen gesellschaftlichen Zeiten des Rechtsrucks brauchen wir uns und unsere gegenseitige Solidarität.
Der CSD heute ist für uns ein Ausdruck dieser Solidarität: Ihr das CSD Team habt unterschiedliche Perspektiven und Bedarfe mit reingenommen. Ihr habt das Thema Inklusion und Barrierefreiheit durch viele verschieden Maßnahmen umgesetzt: wie Gebärdendolmetschen, den Ruhebus, der stille Applaus.
Liebes CSD Team, Danke für euren Einsatz, die Organisation und heute.
