Förderung der Alltagsbewältigung und Resilienzförderung für Menschen mit Stress, Flucht- und Traumaerfahrungen
Was ist die EXIT-Gruppenintervention?
EXIT steht für Expressive Arts in Transition und nutzt theoretische und methodische Bezüge der Expressive Arts Therapie. EXIT möchte Menschen, die unter starkem Stress leiden oder Traumata erlebt haben, dabei unterstützen, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, in der Gegenwart anzukommen, und nach vorne zu blicken.
EXIT bedient sich einer klaren Struktur, um das (Wieder-)Entdecken und Stärken von individuellen und der Gemeinschaft innewohnenden Ressourcen spielerisch erfahrbar zu machen. Schritt für Schritt werden Spielräume und Kreativität erweitert. Expressive Arts Therapie (EXA), die Grundlage von EXIT, kombiniert u.a. Körpererfahrung durch Fokus auf Atem und Bewegung, darstellendes Spiel, gestalterische Ansätze wie Malen und Zeichnen, Stimme und Musik. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf einer Arbeit, die den Prozess in den Vordergrund stellt und in der mit einfachen Techniken eine hohe Sensibilität gefördert wird. Den Teilnehmenden wird ein Raum gegeben, in dem sie durch nicht-sprachliche Ausdrucksformen Gefühle und innere Themen für sich selbst erkennbar und erfahrbar machen können.
Welche Ziele verfolgt die EXIT-Gruppenintervention?
Das EXIT-Programm stärkt bei den Teilnehmenden Hoffnung, Freude, das Gefühl von Sicherheit und die Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Es möchte die Teilnehmenden in ihrem Alltag stabilisieren, ihre Resilienz stärken und dazu beitragen, dass die stagnierte Energie wieder mehr in Fluss kommt.
EXIT fokussiert sich darauf, Beweglichkeit, Imagination, Engagement, Verbundenheit, im Hier-und-Jetzt-Sein, Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit zu steigern. Durch kreativen Ausdruck regen wir in der EXIT-Arbeit Freude und Imagination an. Durch kleine Bewegungs- und Atemübungen entsteht eine neue Qualität von Kontakt zu sich selbst, zum eigenen Körper und zu den anderen in der Gruppe. Psychoedukative Elemente regen die Selbsthilfe an und die Teilnehmenden üben neue Strategien der Alltagsbewältigung und kleine stärkende Alltagsrituale gemeinsam ein.
Für welche Zielgruppen ist die EXIT-Gruppenintervention geeignet?
Seit den 90er Jahren wird EXIT als Intervention für Menschen angewandt, die durch Krieg, Naturkatastrophen oder durch andere Menschen verursachte Traumata erfahren haben. Darüber hinaus können Menschen aller Altersgruppen, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst, an psychischen und emotionalen Belastungen und Stress leiden, mit Hilfe des EXIT-Ansatzes ganzheitlich gestärkt werden.
Die EXIT-Methode unterstützt die Teilnehmenden dabei, sich in der Gegenwart zu ankern und nach vorne zu blicken. Der klare und sichere Rahmen der Arbeit, der unmittelbare Ausdruck durch Körper und Stimme, das individuelle Sehen- und Gehörtwerden aller Teilnehmenden sowie der starke partizipative Ansatz steigern die Resilienz der Einzelnen und erlauben es in der Gemeinschaft emotionale Höhen und Tiefen gut zu durchlaufen.
Eine gute Einbindung in die jeweilige Institution und ins Gemeinwesen sowie eine konzeptionelle Adaption an die jeweiligen Kontexte sind dabei zentral.
Für die folgenden Zielgruppen haben bereits EXIT-Gruppen in Deutschland stattgefunden oder sind aktuell geplant:
Minderjährige geflüchtete junge Männer
Alphabetisierungsklassen
Geflüchtete jesidische Frauen in Anschlussunterkünften
Geflüchtete Frauen mit besonderen Gewalterfahrungen in Erstaufnahmeeinrichtungen
Schüler_innen der Klassenstufe 4/5 zur Bewältigung von Stress im Schulalltag
Empowermentgruppen für BIPOC
Gruppe von Mädchen mit Migrationserfahrungen
Peercoaches aus dem Jugendempowermentprojekt TALK
Jugendliche mit Essstörungen
Eltern von Kindern mit Erfahrungen aus dem Autismus Spektrum
Menschen mit queeren Identitäten
Was hat EXIT mit Empowerment zu tun?
Diskriminierungserfahrungen können traumatisierende Auswirkungen mit sich bringen. Das ressourcenstärkende Methodenspektrum von EXIT bietet für Menschen mit Diskriminierungserfahrung vielfältige Impulse zur Stabilisierung, Heilung, Bewusstwerdung und zum Community-Building.
Unsere Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die EXIT-Arbeit auch intersektionale Empowerment-Gruppen in Aufbau und Festigung ihrer Grundstruktur unterstützt. Die EXIT-Arbeit bietet vielfältige Instrumente für Menschen, die Empowerment-Gruppen leiten. Sie profitieren in ihrer Arbeit von den einfachen Methoden zur Selbststabilisierung und Resilienzsteigerung und können den Menschen, die unter Stress und Trauma leiden, in einfacher und wirksamer Art Werkzeuge weitergeben.
Wie sind die EXIT-Gruppentreffen aufgebaut?
Jedes EXIT-Gruppentreffen ist sehr klar strukturiert und beinhaltet mehrere Komponenten wie z.B. Anfangs- und Endrituale, Energiebarometer, Körperübungen, Psychoedukation, künstlerische Gestaltung plus Elemente wie Innere Landschaft, Zukunftsszenario und die Arbeit mit einem Krafttier.
Wir arbeiten die kompletten Einheiten im Kreis mit vielen kreativen und spielerischen Elementen. Durch die immer wieder wiederholte Spiegelung des Einzelnen in der und durch die Gruppe entsteht schnell ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Gemeinschaftsgefühls.
In einer EXIT-Gruppe können 5 bis 12 Teilnehmende mitmachen. Es handelt sich um eine geschlossene Gruppe, die sich ein- bis zweimal Mal pro Woche über 5 bis 10 Wochen trifft. Die Gruppe findet also in der Regel an insgesamt 10 Treffen zu jeweils 60 bis 90 Minuten statt. Vor dem Treffen starten wir mit Tee und Kaffee und nach dem Gruppentreffen gibt es noch einen kleinen Snack. Die Gruppen werden entweder in Leichter Sprache oder in Sprachen, die die Gruppenleiter_innen sprechen, wie beispielsweise Deutsch, Englisch, Arabisch, Französisch angeleitet. Es gibt aber auch vielfältige Erfahrungen, wie mit dem Einsatz von Dolmetscher_innen Gruppentreffen auch in anderen Sprachen stattfinden können.
Ist es möglich EXIT-Gruppentreffen auch online anzubieten?
In den letzten Jahren konnten wir vielfältige Erfahrungen mit der EXIT-Arbeit als Online-Angebot sammeln. Falls Sie Interesse an einem solchen Angebot haben, melden Sie sich gerne bei uns.
Woher kommt das EXIT-Programm?
Das EXIT-Programm wurde in Norwegen von Melinda Ashley Meyer DeMott von NIKUT – Norwegian Institutes for Expressive Arts Therapy and Communication und ihrem Team über 30 Jahre lang entwickelt und wissenschaftlich evaluiert. Der Ansatz wurde international erfolgreich mit vielen verschiedenen Zielgruppen erprobt und insbesondere mit jungen geflüchteten Menschen als frühes Interventionsprogramm erfolgreich eingesetzt.
Mittlerweile ist der EXIT-Ansatz in den Schulen Norwegens als Stärkungs- und Selbstregulierungsprogramm fester Teil des Schulcurriculums für Kinder und Jugendliche.
Mehr Infos zur Forschung >
adis e.V. arbeitet eng mit Melinda Ashley Meyer DeMott zusammen. Elisabeth Yupanqui Werner und Heiko Kalmbach wurden von ihr über mehrere Jahre als EXIT-Ausbilder_innen qualifiziert und sind mittlerweile autorisiert andere Menschen in Deutschland als EXIT-Gruppenleiter_innen fortzubilden.
Weltweit wird das EXIT Programm in vielen verschiedenen Ländern angeboten: z.B. Schweden, Mexico, Italien, Malta. Es hat sich ein internationales Netzwerk von EXIT-Gruppenleiter_innen gebildet, dass sich regelmäßig austauscht. Mehr Infos >
In der Schweiz, European Graduate School – EGS), in Norwegen von NIKUT und in Mexiko werden jährlich Menschen im EXIT-Programm ausgebildet.
Wer leitet die EXIT-Gruppe an?
Es gibt mittlerweile ein deutsches Netzwerk von insgesamt 45 EXIT-Gruppenleiter_innen, die in einer einjährigen Fortbildungsphase von adis e.V. qualifiziert und bei der Durchführung der ersten Gruppen supervidiert wurden.
In Deutschland gibt es EXIT-Gruppenleiter_innen in den folgenden Städten:
Baden-Württemberg: Emmendingen, Esslingen, Freiburg, Kirchheim/Teck, Konstanz, Nürtingen, Reutlingen, Stuttgart, Tübingen, Waiblingen
Wie kann ich bei mir vor Ort eine EXIT-Gruppe anbieten?
Bei Interesse nehmen Sie am besten Kontakt mit uns auf. Wir suchen dann nach einer EXIT-Gruppenleiter_in bzw. stellen den entsprechenden Kontakt her.
Eine EXIT-Gruppe dauert in der Regel 90 Minuten. Mit Vor- und Nachbereitung sind die Honorarkräfte in der Regel 2,5 bis 3 Stunden beschäftigt.
Wir schlagen deshalb pro Treffen ein Honorar von 150.- bis 200.-€ vor.
Zusätzlich fallen Materialkosten von insgesamt ca. 100.-€ plus Verpflegung (Getränke und Snacks) und ggf. weitere Kosten für Raummiete, Dolmetscher_innen und Kinderbetreuung an.
Wie kann ich mich zur EXIT-Gruppenleiter_in ausbilden lassen?
Wir bieten seit 2018 mehrmonatige Fortbildungen an, die zur Leitung von EXIT-Gruppen befähigt mit Abschlusszertifikat von adis e.V. und NIKUT. Die Fortbildung umfasst insgesamt 9 Fortbildungstage in 4 Blöcken und hat zum Ziel die zentralen Komponenten des EXIT-Programms zu vermitteln.
In der Fortbildung geht es darum, die Elemente aus dem Bereich Bewegung, Kunst, Psychoedukation und Bioenergetik zu erproben, theoretische Grundlagen zu verstehen und die verschiedenen Programmelemente selbst anleiten zu lernen. Zur Fortbildung gehört die Durchführung einer eigenen EXIT-Gruppe, die begleitend supervidiert wird.
Die nächste Fortbildung startet voraussichtlich Anfang 2023. Melden Sie sich gerne frühzeitig bei uns, dann schicken wir Ihnen die neue Ausschreibung direkt zu.
Mehr Infos zu einer aktuellen Ausschreibung finden Sie hier >
Wo kann ich mehr über die EXIT-Methode erfahren?
Wenn Sie mehr über die EXIT-Methode nachlesen wollen, finden Sie hier verschieden Literaturhinweise.
Marianne Vervliet, Melinda Ashley Meyer DeMott, Marianne Jakobsen, Trond Heir et al: (2014) Health and Diasabilities. The mental health of unaccompanied refugee minorson arrival in the host country. The Scandinavian Journal for Psychology
Jakobsen, Meyer DeMott, Wentzel-Larsen, Heir: (2017) Mental health of unaccompanied refugee boys – a longitudinal study
Melinda Ashley Meyer DeMott (2017), Marianne Jakobsen, Tore Wentzel-Larsen, Trond Heir Effect of intervention with EXIT: A controlled study. The Scandinavian Journal for Psychology
Melinda Ashley Meyer DeMott (2017): Expressive Arts: A Group Intervention for Unaccompanied Minor Asylum Seekers and Young Adults. Pub. In Elisabeth Altmaier: Reconstructing Meaning After Trauma – Theory, Research and Practice. Academic Press/Elsevier